Gerhard Most war Lehrer am Alfelder Gymnasium. Um zu verstehen, warum die Musikschule Alfeld (Leine) seinen Namen trägt, liefert der Nachruf zu seinem Tod durch Dr. Horst Bernd die Erklärung.
Alfelder Zeitung Juni 1988
„Von Musik in Alfeld zureden, heißt von ihm zu reden“
Gerhard Most ln Memoriam – von Dr. Horst -Berndt

Ungläubige Bestürzung war die Reaktion bei seinen Kollegen, Schülern und Freunden, sie konnten es nicht glauben, als sich in Alfeld die Nachricht verbreitete, Gerhard Most sei bei einem Verkehrsunfall tödlich verunglückt und seine Frau schwer verletzt.
Noch sträubt sich die Feder, einen Nachruf zu formulieren, war sie doch eher bereit zu einer Laudatio anlässlich seines im-August zu feiernden 75. Geburtstages. Welchen Verlust wir erlitten haben, welche‘ „Lücken sein plötzlicher Tod gerissen hat, das wird uns erst allmählich bewusst werden. Seit er 1955 nach Alfeld kam, ist immer deutlicher geworden: von Musik in Alfeld zu reden, heißt von ihm zu reden.
Der gebürtige Thüringer aus Roßleben an der Unstrut hatte in Königsberg an der Albertus-Universität und in Berlin seine Examina für das Höhere Lehramt abgelegt; er war ausgebildeter Organist und Chordirigent, seine wissenschaftlichen Fächer waren Klavier und Gesang und sein Beifach Latein. Doch nach der Pädagogischen Prüfung in Halle 1939 konnte er zunächst nicht unterrichten, sondern wurde zur Wehrmacht eingezogen und blieb bis zum Ende des Krieges Soldat. Danach arbeitete er zunächst als Kantor, Organist und Katechet im Kirchendienst, bis einer seiner ehemaligen Königsberger Studienfreunde ihn mit seiner Familie nach Alfeld holte.
Nicht nur baute Gerhard Most am Gymnasium den Musikunterricht mit Chor und Orchester eigentlich erst auf – er hat oft in seiner humorvollen Art von den Hindernissen und Missverständnissen dabei berichtet -, er hat auch die Jugendlichen zum aktıven Musizieren gebracht und die Passions- und Weihnachtsmusiken in Alfeld und Umgebung sind eine schöne Tradition geworden.
Doch seine Arbeit hat sich nie nur auf die Schule beschränkt.
Längst waren andere Arbeitsfelder hinzugekommen: Tätigkeit als Organist an vielen Stellen im Kirchenkreis, Vorsitzender der damals noch städtischen Volkshochschule und Mitglied des Vorstandes der Kulturvereinigung. Auf verschiedenen Ebenen hat er das kulturelle und vor allem musikalische Leben Alfelds bereichert und geprägt.
Unvergessliche Konzerterlebnisse sind ihm zu verdanken; stellvertretend für viele seien nur genannt die Geiger Max Strub und Ulf Hölscher oder die Pianisten Christoph Eschenbach und Justus Frantz oder das Göttinger Symphonieorchester unter Volker Schmidt-Gertenbach.
Hinzu kamen Hauskonzerts im Gymnasium oder eigene Konzertabende in Alfeld oder Orten der Umgebung bis hin in den Osnabrücker oder Stader Raum. Besonders blühte er auf in geselliger Runde, da zeigte es sich, dass er ein Mann des geist- und kenntnisreichen Gesprächs, auch des Witzes und des Spaßes war. Wie oft haben wir ihn nach Konzerten so erlebt, wie oft hat er seine Freunde in seiner liebenswürdigen Art beglückt. Die Stadt machte sich über Volkshochschule und Kulturvereinigung hinaus seinen Sachverstand zunutze, indem sie ihn zum Bürgerdeputierten in den Kulturausschuss berief. Dort hat er unermüdlich den Plan einer Musikschule in die Diskussion gebracht, bis es im Jahre 1977 endlich zur Gründung der Musikschule e. V. kam, ohne Übertreibung darf gesagt werden: Sie ist sein Kind, vielleicht auch sein wichtigstes.
Die Musikschule war ihm so wichtig, weil hier jüngere aber auch ältere Menschen zum aktiven Musizieren zusammengeführt werden. Dieses gemeinsame Musizieren, das aus dem Einzelunterricht erwächst, ist eigentlich die schönste Frucht der Musikschularbeit. Dass diese Schule bei ihrem zehnjährigen Bestehen 1987 sich als ein wesentlicher Faktor des Musiklebens in Alfeld präsentieren konnte, ist ganz wesentlich sein ‚Werk und hat ihn tief befriedigt.
In der Tat: Bei einem solchen Überblick über sein Wirken kann man zunächst nur den Rahmen und den Umfang dessen beschreiben, was er in Alfeld in diesen dreißig Jahren geleistet hat.
Machen wir uns bewusst, was dieses Wirken als Opfer an Zeit – neben einer vollen beruflichen Tätigkeit – für die Öffentlichkeit Alfelds und viele Einzelne im Dienst einer Sache, der Musik, bedeutet hat. Ihr hatte sich dieser Mensch sozusagen mit Haut und Haaren verschrieben, ohne dabei jemals ein enger Spezialist zu sein, immer engagiert, gelegentlich unbequem, oft hartnäckig, aber immer respektiert und von vielen dankbar und herzlich geliebt.
In die Trauer über seinen plötzlichen Tod, die wir mit seiner Familie, teilen, und den Verlust, den wir erlitten haben, mischt sich die Dankbarkeit darüber, dass wir ihn unter uns gehabt haben, dass wir von .den Früchten seiner Arbeit, aus den Samen, die er in die Erde gelegt hat, noch lange werden zehren und uns an ihnen werden freuen dürfen.