Festakt zum 40jährigen Bestehen der Gerhard-Most-Musikschule Alfeld am 20. Mai 2017
Die Gerhard-Most-Musikschule Alfeld hatte zum Festakt in die Aula des Gymnasium eingeladen. 40 Jahre besteht diese Schule nun in Alfeld und es hat in dieser Zeit nicht nur harmonische Klänge gegeben.
Die Missklänge wurden bei diesem Festakt nicht verschwiegen, dienten sie doch auch im Nachhinein einer Änderung des Blicks auf Kulturpolitik und gaben Anlass zu kritischer Selbstreflektion. Es war 1999 eine richtige Entscheidung, die Musikschule erfolgreich durch die Insolvenz führen zu wollen, bei aller Bitterkeit über die zu treffenden Entscheidungen.
Im Ergebnis hat die Schule wieder gute Schülerzahlen erreicht, weiterhin lernen Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene mit und an der Musik, vor allem lernen sie nicht nur allein sondern auch im Zusammenwirken mit anderen. „Musik ist […] zweifelsfrei die sozialste aller Künste“ zitierte der Gastredner Prof. Grosse Hans-Günter Bastian, der im Jahr 2000 eine breit angelegte Studie an Grundschulen zur Frage der Musik(erziehung) und ihre Wirkung vorlegte.
Der musikalische Rahmen, der den Festakt prägte, zeigte die musikalische Vielfalt, die an der Musikschule angeboten und gelebt wird. Acht Ensembles präsentierten ihre Beiträge zum Festakt und stellten in dem Mittelpunkt, was die Schule ausmacht: MUSIK.
Prof. Dr. Thomas Grosse, selbst ab 1989 Lehrer an der Gerhard-Most-Musikschule und von 1996 bis 1998 Schulleiter, heute Rektor der Hochschule für Musik in Detmold, hielt den Festvortrag.
Unter dem Titel „Vom Nähkästchen zur Kulturpolitik: Politisches Handeln und bürgerliches Engagement für musikalische Bildung“ schlug der Referent eine Brücke von der 20-Jahrfeier im Jahr 1997 bis zum 40-jährigen Jubiläum der Gerhard-Most-Musikschule Alfeld. Unter Bezug auf die vorher gehaltenen Grußworte wurden insbesondere die deutlich messbare Entwicklung kulturpolitischer Diskussionen thematisiert. Letztlich ließe sich von Kulturpolitik nur noch im Plural sprechen, sind doch auf verschiedenen politischen Ebenen ebenso wie auch in vielfältigen regionalen Bezügen die Argumentationslinien recht unterschiedlich. Auf Bundesebene wird anders agiert, als in den Kommunen und parteipolitische Standpunkte und Ziele können zwischen den Bundesländern sehr stark voneinander abweichen. Doch gäbe es hoffnungsstiftende Entwicklungen. Über die Ende der 1990er Jahre aufgekommenen Diskussion um „Transfereffekte“ ist die öffentliche Debatte glücklicherweise hinaus: ob Musik nun nachweislich klüger oder sozial kompetenter mache, stünde nicht mehr im Fokus. Auch die daran anschließenden – immer noch höchst aktuellen – positiven Zuschreibungen an die Musik, beispielsweise bei den Themen „Inklusion“ oder „Integration“ lenkten glücklicherweise nicht mehr so stark davon ab, dass Musik deutlich mehr ist, als nur Mittel zu einem anderen Zweck. Die Stärke musikalischen Erlebens und Handelns liegt in der Begegnung. Hier traf, trotz mannigfaltiger Kritik an seiner Studie zu Transfereffekten, Hans-Günther Bastian den Nagel mit folgender Aussage auf den Kopf: „Musik ist für uns zweifelsfrei die sozialste aller Künste. Der Umgang mit Musik ,öffnet‘ den Menschen zum Mitmenschen (…)“ (Bastian, Hans-Günther: Kinder optimal fördern – mit Musik. Schott Musik International 2001, 33). In diesem Zusammenhang lässt sich auch die im Deutschen nicht unproblematische Differenzierung von „Bildung“ und „Erziehung“ überwinden – die englische Sprache hat es mit „Education“ deutlich leichter. Wer über eine gute Bildung verfüge, bedürfe in gewisser Weise weniger einer Erziehung, weil sich bestimmte ethische Standpunkte dann letztlich von alleine herausbilden könnten.
Es sei mit Freude festzustellen, dass sich diese Erkenntnis nun auch in den kulturpolitischen Statements politische Akteure niederschlage, denn gerade am Beispiel der GMM Alfeld sei seinerzeit deutlich geworden, dass der Versuch einer rein betriebswirtschaftlichen Argumentation nicht sinnvoll gewesen sei. Die Entscheidung, eine Musikschule zu fördern, sei immer zunächst eine politische. Die Vertreterinnen und Vertreter im politischen Raum müssen eine Überzeugung entwickeln und für diese eintreten, sie müssen Mehrheiten beschaffen und Allianzen bilden – nur so ließen sich Entscheidungen zugunsten der Kultur erreichen. Diese Thematik begleite die Diskussionen um Musikschulen nun schon seit Jahrzehnten und wird es sicher auch in Zukunft tun: angesichts großer Begehrlichkeiten und vielfältiger Ansprüche an die öffentlichen Haushalte zeige sich gelingende Politik ganz wesentlich darin, die vorhandenen Mittel optimal einzusetzen.
Eine wesentliche Voraussetzung dazu sei der Respekt im Umgang miteinander und gegenseitiges Verständnis. Ganz besonders hervorzuheben sei dabei neben dem bürgerschaftlichen Engagement, ohne das ein Verein ohnehin nicht tätig werden könnte, die Leistungsbereitschaft der Musikschullehrkräfte. An der Gerhard-Most-Musikschule arbeiten Menschen, die ein höchst anspruchsvolles künstlerisch-pädagogisches Studium absolviert haben und denen mit dem Instrumentalunterricht eine vertrauenswürdige Aufgabe übertragen würde, nämlich die Bildung und Erziehung (meist junger) Schülerinnen und Schüler. Offizielle Statistiken, wie beispielsweise die Darstellung der Künstlersozialkasse, weisen aus, dass viele Musiklehrkräfte nahe an prekären Lebensverhältnissen ihrem Beruf nachgehen. Angesichts der Forderung nach „Guter Arbeit“ ergäbe sich nun die Schlussfolgerung, dass eine gesicherte Förderung der Musikschulen auch den Ansprüchen unserer Gesellschaft entspricht, dass Erwerbstätige von Ihrer Arbeit angemessen leben können. Das sei für ein Mittelzentrum wie Alfeld und die anliegenden Gemeinden umso wichtiger, als hier – anders als in großen Städten – nicht die Möglichkeit bestünde, auf dem freien Markt vielfältigen Musikunterricht zu erhalten.
Die GMM Alfeld hat nach dem schwierigen Gang durch ein Insolvenzverfahren und einen mühevollen Neuaufbau mittlerweile wieder eine Größe erreicht, die mit der Situation Ende der 1990er Jahre zu vergleichen ist. Das allein sei eine große Leistung. Begünstigt wird diese Situation durch einen Vorstand, der mit Augenmaß und Sorgfalt leite und wirtschafte, engagierte Schulleitungen und Lehrkräfte, eine direkte finanzielle Unterstützung durch öffentliche Hand, Stiftungen und private Förderer und eine nicht minder gewichtige Bereitstellung von Ressourcen – beispielsweise Räumlichkeiten – durch den Landkreis. So finde man in Alfeld eine Musikschule vor, die aus den schwierigen Rahmenbedingungen heraus zu einem optimierten Einsatz der knappen Mittel gezwungen ist – selbst kleinere Förderbeiträge können hier besonders viel bewirken und es läge in der Natur der Sache, dass jeder gegebene Euro unmittelbar dem Ziel der Musikschule zugutekäme. Deshalb stünde am Schluss dieser Ausführungen der entsprechende Appell an alle bestehenden und potentiellen Förderer, nicht nachzulassen und dazu beizutragen, dass auch zum 50-jährigen Bestehen der GMM Alfeld wieder Anlass für eine solche Feierstunde gegeben sei.
Zuvor hatten der Bürgermeister der Stadt Alfeld, Bernd Beushausen, die stellvertretende Ländrätin Waltraud Friedemann sowie der Abgeodnete im niedersächsischen Landtag Klaus Krumfuss in ihren Grußworten die Bedeutung und den Stellenwert der Musikschule im Mittelzentrum Alfeld betont.
Die Alfelder Zeitung schrieb dazu